Seit Jahresbeginn können Arbeitnehmer den Wechsel vom Berufs- ins Rentnerleben variabler gestalten. Mit der Flexi-Rente hat die Bundesregierung zum einen neue Anreize für eine Arbeit über das Rentenalter hinaus geschaffen. So können Arbeitnehmer, die „überziehen“ wollen, erstmals zusätzliche Rentenansprüche erwerben. Zugleich wurden die Hinzuverdienstgrenzen für diejenigen vereinfacht, die vorzeitig in den Ruhestand gehen.
Angesichts dieser neuen Möglichkeiten stellt sich auch für so manchen Inhaber einer Lebens- oder Rentenversicherung die Frage, ob er sein Guthaben wie ursprünglich geplant auflösen will. Denn wer länger arbeitet als vorgesehen, möchte möglicherweise erst später seine private Altersvorsorge in Anspruch nehmen. Oder – im Fall eines früheren Abschieds vom Job – schon eher an sein Geld.
Freie Wahl statt fixem Fälligkeitstermin
Auch Lebens- und Rentenversicherungen erlauben es, den Fälligkeitstermin innerhalb eines bestimmten Zeitraums frei zu wählen. Das gilt für alle Policen mit einer vertraglich vereinbarten sogenannten flexiblen Abrufphase. Diese kann ganz unterschiedlich ausgestaltet sein, sowohl was den Beginn, als auch ihre Dauer angeht. In der Regel beträgt der Zeitraum mindestens fünf Jahre, in denen der Versicherte Leistungen ohne Nachteile abrufen kann – entweder komplett oder teilweise. „So können Versicherte ihre private mit der gesetzlichen Rente abstimmen. Denn niemand weiß zum Vertragsabschluss genau, wann er auf seine Altersvorsorge angewiesen sein wird“, sagt Mathias Zunk vom Verbraucherservice des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).
Bei fondsgebundenen Lebensversicherungen gibt es diesen Mechanismus schon sehr lange. Die ursprüngliche Idee dahinter: So können Verbraucher auf die Wertentwicklung des Fonds reagieren, das Geld dann abrufen, wenn an den Aktien- und Anleihenmärkten die Kurse gerade besonders günstig stehen. Doch auch bei vielen klassischen Produkten und Versicherungen mit neuen Garantien ist mittlerweile eine flexible Auszahlungsphase enthalten.
Versicherungsleistung hängt vom Auszahlungszeitpunkt ab
Bei der Entscheidung für einen Fälligkeitstermin gibt es jedoch einiges zu beachten. „Grundsätzlich gilt: Je später die Police in Anspruch genommen wird, desto höher sind Einmalzahlung oder monatliche Rente“, sagt Zunk. Denn bei einem frühen Abruf werden weniger Beiträge eingezahlt und dadurch weniger Rentenansprüche erworben. Außerdem verlängert sich die Rentenbezugszeit, so dass die Monatsrente geringer ausfällt.
Aufpassen müssen auch jene, die eine Rentengarantiezeit vereinbart haben. In den Fällen zahlt der Versicherer für einen vertraglich festgelegten Zeitraum – beispielsweise für fünf oder zehn Jahre – eine monatliche Rente, selbst wenn der Versicherte in dieser Zeit stirbt. In dem Fall fließt das Geld bis zum Ende der Garantiezeit als Hinterbliebenenabsicherung an die Angehörigen. Je eher der Versicherte nun erstmals Leistungen in Anspruch nimmt, desto eher endet folglich die Rentengarantiezeit.
Besteuerung richtet sich nach dem Alter des Versicherten
Der Auszahlungstermin beeinflusst auch die steuerlichen Folgen. Diese sind zunächst einmal davon abhängig, ob es sich um eine Einmal- oder Rentenzahlung handelt. Wer vor 2005 eine Renten- oder Lebensversicherung abgeschlossen hat und sich das angesparte Kapital auf einen Schlag auszahlen möchte, muss sich keine Gedanken machen. Die Erträge sind inzwischen komplett steuerfrei.
Für Einmalauszahlungen von Verträgen, die nach 2004 abgeschlossen wurden, gilt das nicht mehr. Die Differenz zwischen Versicherungsleistung und eingezahlten Beiträgen unterliegt zur Hälfte dem persönlichen Steuersatz, sofern der Vertrag mindestens zwölf Jahre bestanden und der Versicherte das 60. Lebensjahr vollendet hat (bei Verträgen ab 2012: 62. Lebensjahr). Sonst sind die Erträge sogar in voller Höhe zu versteuern.
Die Besteuerung einer privaten Rente hängt generell vom Alter des Versicherten ab – unabhängig davon, wann der Vertrag abgeschlossen wurde. Je früher die Zahlung beginnt, desto höher ist der steuerpflichtige Anteil. Bei einem 60-Jährigen werden beispielsweise 22 Prozent der Rente zum steuerpflichtigen Einkommen gezählt, bei einem 67-Jährigen nur 17 Prozent. Der Anteil gilt für die gesamte Dauer des Rentenbezugs und ist mit dem persönlichen Tarif zu versteuern.
Zusatzschutz erlischt mit der ersten Rente
Wer sich für eine frühe Auszahlung entscheidet, sollte auch bedenken, dass eventuell eingeschlossene Unfall- oder Berufsunfähigkeitsversicherungen in der Regel mit der ersten Rente erlöschen. Gerade für eine Unfallversicherung müssten sich Verbraucher dann nach einer Alternative umschauen.
Ist die Entscheidung für einen Auszahlungstermin gefallen, sollten angehende Ruheständler ihren Versicherer möglichst frühzeitig informieren. „Der Kunde muss den gewünschten Fälligkeitstermin einige Monate im Voraus ankündigen“, sagt GDV-Experte Zunk. Dann steht dem Flexi-Ruhestand nichts mehr im Weg.