Der Versicherungsvertrag regelt nicht nur den Anspruch auf Versicherungsleistungen, sondern auch die damit verbundenen Rechte und Pflichten des Verbrauchers. Diese Verpflichtungen werden im Versicherungsrecht Obliegenheiten genannt und sind im Vertrag festgelegt. Diese muss der Versicherungsnehmer beachten, damit er im Schadensfall die vollständige Leistung erhält. Tut er dies nicht, spricht man von einer Obliegenheitsverletzung.
Das Versicherungsvertragsgesetz (VVG) regelt die Rechte und Pflichten von Versicherungen und Versicherten. Es unterscheidet zwischen Obliegenheiten vor Vertragsabschluss und während der Vertragslaufzeit.
Obliegenheiten vor Vertragsabschluss
Hierzu gehört die Anzeigepflicht, das bedeutet, dass der Kunde bei Vertragsschluss alle Fragen des Versicherers beantworten muss. Bei der Antragstellung auf eine Lebensversicherung muss man beispielsweise alle seine Vorerkrankungen mitteilen. Ändern sich die Gegebenheiten, die bei Vertragsschluss bestanden haben, muss der Kunde das dem Versicherer melden. Stellt sich heraus, dass solche Angaben fehlen, kann die Versicherung vom Vertrag zurücktreten.
Eine weitere vorvertragliche Obliegenheit ist, dass der Versicherte keine Gefahrerhöhung vornehmen darf oder diese zu melden hat, wenn sie unvermeidlich ist. Eine Gefahrerhöhung liegt vor, wenn es deutlich wahrscheinlicher wird, dass ein Schaden eintritt oder die Höhe eines potenziellen Schadens sich erheblich vergrößert. Meldet der Versicherungsnehmer die Gefahrerhöhung nicht, spricht man von einer schuldhaften Obliegenheitsverletzung: Die Versicherung kann den Vertrag fristlos kündigen und muss im Schadensfall nicht leisten. Wenn eine Gefahrerhöhung jedoch unbeabsichtigt eintritt und man diese nicht meldet, spricht man von einer nicht schuldhaft verletzten Obliegenheit. In diesem Fall kann der Versicherer den Vertrag innerhalb eines Monats nach Kenntnisnahme kündigen.
Obliegenheiten während der Vertragslaufzeit
Dazu gehört die pünktliche und regelmäßige Beitragszahlung, die Anzeigepflicht im Versicherungsfall und die Mitwirkungspflicht. Die Anzeigepflicht ist im Schadensfall wichtig. Wie viel Zeit der Kunde dafür hat, ist im Versicherungsvertrag geregelt. Die Mitwirkungspflicht schreibt ihm vor, die Feststellung der Schadenshöhe nicht zu behindern. Beschädigte Gegenstände sollen zum Beispiel nicht beseitigt werden, so dass die Schadensstelle unverändert bleibt. Eine weitere Obliegenheit ist die Schadenminderungspflicht, also den entstandenen Schaden so gering wie möglich zu halten. Bei einem Autounfall sollte man deswegen zum Beispiel ein Warndreieck aufstellen oder ein nach einem Unwetter beschädigtes Fenster abdichten, um das Innere des Hauses zu schützen.
Bei bewusst falschen, unvollständigen oder versäumten Angaben im Schadensfall werden die Obliegenheiten missachtet. Die Konsequenzen können sein, dass der Versicherer Leistungen kürzt oder sogar gar nicht auszahlt.
Rechtsfolgen bei einer Obliegenheitsverletzung
Bei der Verletzung von vertraglichen Pflichten hängen die Rechtsfolgen vom Verschuldungsgrad des Versicherungsnehmers ab, also ob und in welchem Maße er die Obliegenheitsverletzung selbst zu verantworten hat.
Bei einer einfach fahrlässigen Verletzung von Obliegenheiten leistet der Versicherer. Er kann den Vertrag allerdings innerhalb eines Monats kündigen. Bei einer grob fahrlässigen Obliegenheitsverletzung muss die Versicherung dagegen nicht für den Schaden aufkommen.
Wenn der Versicherungsnehmer seine Pflichten bewusst missachtet, besteht eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung. Hat sich diese direkt auf den Eintritt oder Umfang des Schadens ausgewirkt, muss der Versicherer nicht leisten. Gibt der Kunde seinem Versicherer absichtlich Falschinformationen, verletzt er seine Obliegenheiten durch arglistige Täuschung. Die Folgen hierfür sind deutlich gravierender: Der Versicherer kann den Vertrag anfechten, sodass der Versicherungsnehmer eventuell alle erhaltenen Leistungen zurückzahlen muss. Es besteht hier auch dann keine Leistungspflicht für das Unternehmen, wenn die Täuschung keine Auswirkungen auf das Entstehen oder den Umfang des Versicherungsfalls hatte.