Der Wohnungsmarkt ist vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten ein hart umkämpfter Schauplatz. Wer eine Bleibe sucht, muss sich zwangsläufig in den Markt stürzen und mit vielen anderen Bewerbern konkurrieren. Für eine Übernahme machen viele Mieter Zugeständnisse. Manche übernehmen auch unrenovierte Wohnungen in der Hoffnung, dadurch schneller eine Zusage zu bekommen. Das böse Erwachen kommt, wenn der Vermieter beim Auszug plötzlich Schönheitsreparaturen verlangt. Was viele nicht wissen: Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch ist grundsätzlich der Vermieter für Schönheitsreparaturen zuständig. Allerdings wälzen die allermeisten Vermieter diese gesetzliche Pflicht über den Mietvertrag auf ihre Mieter ab.
Was zählt als Schönheitsreparatur?
Die erste Frage, die sich vielen Mietern stellt, ist: Welche Arbeiten gelten als „Schönheitsreparaturen“? Müssen Mieter beim Auszug etwa den Boden abschleifen, die rostigen Türgriffe ölen und das Ventil der Heizung austauschen? Die gesetzliche Regelung ist hier eindeutig: Soweit müssen Mieter nicht gehen. Denn bei Schönheitsreparaturen handelt es sich um die Beseitigung oberflächlicher Schäden, nicht um substantielle Reparaturen im eigentlichen Sinne. Dekorative Arbeiten sollen also das Aussehen der Wohnung verbessern.
Nach § 28 Abs. 4 der II. BV umfassen Schönheitsreparaturen „das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, Heizkörper einschließlich Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen.“
Wann sind Schönheitsreparaturen fällig?
Die Frage nach Schönheitsreparaturen stellt sich nicht nur beim Auszug. Auch im laufenden Mietverhältnis gilt es, die Wohnung in Schuss zu halten. In manchen Mietverträgen ist vereinbart, dass der Mieter nach Ablauf einer bestimmen Zeitspanne oberflächliche Reparaturen vorzunehmen hat. Die Frist-Setzung des Vermieters war jahrelang Streitpunkt zwischen den Parteien.
Der Vermieter darf nicht einfach Renovierungsarbeiten verlangen, weil eine Frist abgelaufen ist. Starre Fristen im Mietvertrag, etwa dass die Küche nach zwei Jahren oder die ganze Wohnung nach 10 Jahren zu streichen seien, gelten als unwirksame Klauseln. Wird die Frist mit "Im Allgemeinen" oder "in der Regel" aufgeweicht, können solche Fristen durchaus wirksam sein.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat hier in einem Urteil (VIII ZR 143/06) 2007 festgelegt, welche Fristen angemessen sind. Je nach Nutzung der Räume können diese Fristen entsprechend zeitlich gestaffelt sein. Diese Vorgaben sind jedoch keine starren Vorgaben, sie dienen lediglich der Orientierung.
Tatsächlicher Renovierungsbedarf ist entscheidend
Raum | Orientierung für Renovierungsbedarf |
Wohn- und Schlafräume | ca. 5 Jahre |
Küche, Bad, Dusche | ca. 3 Jahre |
Was gilt, wenn die übernommene Wohnung unrenoviert gewesen ist?
Viele sind sich unsicher, ob sie eine Wohnung, die sie selber im unrenovierten Zustand übernommen haben, nach dem Auszug streichen müssen. Der BGH hat in dieser Frage 2018 Klarheit geschaffen. Eine Wohnung, die unrenoviert übernommen wurde, muss beim Auszug nicht renoviert übergeben werden. Darüber hinaus gilt: Hat sich der Nachmieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen in der unrenovierten Wohnung ohne angemessenen Ausgleich auszuführen, so kann sich der Vermieter nicht darauf berufen (Urt. v. 22.08.2018 – Az. VIII ZR 277/16).
Der Bundesgerichtshof sah das als unangemessene Benachteiligung des Nachmieters an. Denn dies „verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher Gebrauchsspuren des Vormieters und führt dazu, dass der Mieter die Wohnung vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat“, begründete der BGH sein Urteil in einer Pressemitteilung. Mit diesem Urteil stärkt der BGH abermals die Rechte der Mieter.
Hat der Vermieter vom Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen verlangt, obwohl er hierzu nicht berechtigt war, kann der Mieter die Kosten zurückverlangen.
Wo finden Mieter Unterstützung im Streitfall?
Als Mieter fühlen sich Betroffene oft allein gelassen und dem Vermieter ausgeliefert. Keine Frage, die Rechtslage ist kompliziert. Wer sich unsicher ist, was der Vermieter darf und was nicht, kann sich als erste Anlaufstelle zum Beispiel an den örtlichen Mieterverein wenden. Dieser bietet eine persönliche Rechtsberatung an. Jedoch gibt es nur als Vereinsmitglied eine kostenlose Beratung.
Bei Problemen im Mietverhältnis kann sich der Mieter auch direkt an einen Anwalt wenden. Viele Menschen unterschätzen jedoch die Kosten, die so ein Rechtsstreit mit sich bringt. Wer sich vor dem Kostenrisiko schützen möchte, sollte eine Rechtsschutzversicherung abschließen.
Was bietet die Mietsrechtsschutzversicherung?
Zwischen Mieter und Vermieter lauert jede Menge juristisches Konfliktpotenzial - von der Eigenbedarfskündigung bis zur Schönheitsreparatur. Kommt es zum Rechtsstreit, müssen die meisten Kosten im Voraus bezahlt werden. Viele Mieter können sich das schlichtweg nicht leisten. Hinzu kommt: Einige Streitigkeiten können sich über Jahre hinweg ziehen, insbesondere, wenn Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil eingelegt wird. Zudem besteht immer das Risiko, einen zunächst sehr aussichtsreichen Rechtsfall doch noch zu verlieren. Dann bleibt der Unterlegene auf den eigenen Kosten sitzen und muss zudem noch die Kosten des Gegners tragen. Richtig teuer wird es dann, wenn durch das Gericht zur Beweiserhebung ein Sachverständiger beauftragt wurde.
Eine Rechtsschutzpolice mit integriertem Mietrechtsschutz sorgt für finanziell gleich starke Gegner und ist somit absolut sinnvoll für Mieter. Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt im Konfliktfall die Kosten für
- Anwälte
- das Gericht
- Sachverständige, die durch das Gericht beauftragt wurden
- eine Mediation (außergerichtliche Streitbeilegung)
Zudem erstattet die Rechtsschutzversicherung in der Regel auch die Kosten für eine telefonische Rechtsberatung beim Anwalt, um eine erste Einschätzung über die Streitigkeit zu erhalten. Mit dem Mietrechtsschutz in der Hinterhand können Mieter einem Streit mit ihrem Vermieter gelassener entgegensehen – zumindest aus finanzieller Perspektive.
Mediation: Langwierige Gerichtsprozesse vermeiden
Möchte man seinen Vermieter nicht direkt vor Gericht sehen, gibt es noch die Möglichkeit einer außergerichtlichen Konfliktlösung, der sogenannten Mediation. Bei einer außergerichtlichen Lösung spart man nicht nur Geld, sondern auch Zeit, denn im Vergleich zu Gerichtsverfahren kann eine Mediation meist schneller abgeschlossen werden.
Mittlerweile übernehmen mehr als 90 Prozent der Rechtsschutzversicherer die Kosten für Mediationsverfahren. Sollte der Konflikt nicht durch die Mediation beigelegt, steht den Konfliktparteien weiterhin der Rechtsweg offen, für den der Versicherer zahlt.